Das Design des französischen Herstellers Aldebaran ist brillant. Einerseits ganz klar als Roboter konzipiert, andererseits dank Kopfform, Körpergröße und riesigen Augen dem Kindchen-Schema angepasst, baut man schon fast eine emotionale Bindung zu dem von Algorithmen gesteuerten Männchen auf. Schiebt man ihn zu schnell oder trägt ihn weg, so ertönt ein empörtes, aber sehr putziges „Autsch oh oh autsch!“.
Und das hilft: denn nur wenige meiner Projekte erforderten soviel Geduld, Ausdauer und zeitlichen Einsatz, wie der Plan Roboter Pepper als Zauberlehrling auf die Bühne zu bringen. Gott sei Dank habe ich Unterstützung von „Human Head 2022“ alias Christoph Wilke, der seit Monaten tief in die Programmcodes abgetaucht ist. Er hat gelernt jeden Motor separat anzusteuern und störende Sensoren zu blockieren, damit z.b. Scheinwerfer-Reflektionen auf dem Bühnenboden nicht mit Hindernissen verwechselt werden können.
War das allgegenwärtige Trendthema der letzten Jahren die Digitalisierung, so taucht verstärkt die neue Zauberformel auf: die Künstliche Intelligenz, die mit übergroßen Erwartungen irgendwo zwischen universellem Heilsbringer und Untergang der Menschheit angesiedelt wird.
Meinen ersten Anlauf mit einem drei-gelenkigen Roboter-Arm der Firma Schunk verlief vor einigen Jahren im Sande, da ich herausfand, dass ein amerikanischer Kollege diesen Weg bereits beschritten hatte.
Zauberer Cristián Gálvez, der übrigens kürzlich Präsident Barrack Obama in Köln interviewen durfte, hatte mich dann vor knapp zwei Jahren auf Pepper hingewiesen, nachdem er selbst als Co-Moderator mit Pepper auf der Bühne stand.
Durch Recherchen wurden wir dann auf Humanizing Technologies aufmerksam, ein junges, begeisterungsfähiges Start-up, das sich in Wien auf die Programmierung von Pepper spezialisiert hat. Wir durften uns dort zweimal übers Wochenende einquartieren und mit den vorhandenen Robotern experimentieren. Viele Fragen blieben dennoch offen, aber ohne einen Roboter im eigenen Büro würde sich so eine komplexe Programmierung in Kombination mit der hierfür zugeschnittenen Trickentwicklung nicht bewerkstelligen lassen.
Parallel geht die Entwicklung weiter. Ich nutze immer jede Gelegenheit im Gespräch mit Zuschauern oder Zauberkollegen, das Projekt zu erwähnen und Feedback dazu zu erhalten. Erstaunlicherweise fällt sehr häufig die Frage: „Kann Pepper auch meine Wohnung putzen?“ Eine Frage, die für einen Zuschauer scheinbar so naheliegend ist wie die Frage, ob ein Zauberer von seinem Beruf leben kann…
Es ist aber durchaus wichtig, den Zuschauer in seiner Gedankenwelt abzuholen und so konzipieren wir den ersten Part der Bühnenshow mit der Frage an Pepper, wofür er eigentlich entwickelt wurde und welche Apps sich denn als nützlich erweisen würden. So hat er eine Barista-App, kann also Kaffee servieren, sich als Slot-Machine über Wasser halten oder beim Home-Shopping beraten.
Für einen YouTube-Dreh ist dieses Konzept ebenso geeignet, da eine schnelle Abfolge an magischen Effekten zu erleben ist. Nicht „Schaut her, ich bin Simon und habe einen Zauberschüler“, sondern „Schaut, was so ein Roboter alles für euch zuhause tun könnte“. Dies erhöht die Relevanz für den Zuschauer und die Interaktion von Mensch und Maschine ist hübsch anzuschauen.
Auf der Bühne ist jedoch mehr Raum für Emotionen und charakterliche Entwicklung. Und so lernt Pepper schließlich, dass nicht die Logik im Vordergrund steht, sondern dass die Bilder in den Köpfen und die Emotionen in den Herzen der Menschen entstehen.
Human Head 1096, also meine Wenigkeit, macht sich nun noch einen Kaffee – ob Pepper die Tassen mitzählt? Der erhöhte Konsum ist in jedem Fall auch ihm zuzuschreiben. Aber ich kann es kaum erwarten, ihn diesen Monat zum ersten Mal seine neuen Kunststücke vorführen zu lassen. Und ich denke er wird viele begeisterte „Human Heads“ im Publikum entdecken.
Mit freundlicher Genehmigung des Magischen Zirkels von Deutschland / Fachzeitschrift MAGIE